Veröffentlicht am 27.08.12

Bildungsmonitor 2012

Der Bildungsmonitor 2012 – Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft

Wo stehen die Bundesländer beim Bildungscheck?

http://www.insm-bildungsmonitor.de/

Kommentar (Matthias Burchardt):

Was ist bemerkenswert am Bildungsmonitor der Initiative neue soziale Marktwirtschaft, der in der letzten Woche mal wieder die Nachrichtenmeldungen dominiert hat? Dass ein ökonomistischer Think-Tank Propaganda betreibt, um mit dem Mittel von Rankings Standards zu etablieren, durch welche die humanistische Bildungstradition liquidiert werden soll, ist wirklich keinen Kommentar mehr wert. Auch eine Diskussion der Methodik und der limitierten Aussagekraft der Ergebnisse der Studie ist angesichts der offensichtlichen politischen Absicht müßig. Selbst die pseudowissenschaftliche Zirkelzitation von INSM-, OECD- und IQB-Texten ist ein bekanntes Phänomen aus der Rubrik ›Impressionsmanagement‹.

Nein, wirklich von Interesse ist, dass der Monitor mit einem legitimatorischen Einleitungskapitel beginnt, in dem die Segnungen der Bildungsökonomie und des Humankapitalmodells herausgestellt werden. Die einzelnen Argumente entfalten zwar kaum Überzeugungskraft und werden durch die zynischen Analysen und Forderungen im Hauptteil (Inputeffizienz, Zeiteffizienz usf.) als Nebelkerzen entlarvt. Offensichtlich verspürt man aber einen Rechtfertigungsbedarf. Die Selbstverständlichkeit, mit der man in den letzten Jahren im Blätterwald ökonomistische Parolen trompeten konnte, ist offensichtlich verflogen.

Die GBW und andere Kritiker der Ökonomisierung von Bildung können dies als ersten Erfolg feiern: Die Umkehr der Beweislast ist gelungen. Galten die Skeptiker früher als rückwärtsgewandt, muss man sich inzwischen dafür rechtfertigen, an Bologna, PISA,  Kompetenz und Co. festzuhalten. Über den erschreckenden Verfall der Bildungskultur in Schulen und Universitäten werden auch Bildungsmonitore und –berichte nicht mehr lange hinwegtäuschen können. Ob Sachsen oder Bayern an der Spitze steht, spielt keine Rolle, wenn allenthalben Bildung verloren geht – zu Lasten von Demokratie, Kultur und Wirtschaft.

Unfreiwillig wirft der Monitor noch Licht auf einen Kontext, der in der Rekonstruktion der Akteure und Strategien der Transformation von Bildung und durch Bildung in der gegenwärtigen Debatte bislang wenig Beachtung findet: Der transatlantische Einfluss. So wird von den Autoren auf die bildungsökonomischen Impulse der Hohen Kommission 1949 unter dem Kommissar John McCloy – zuvor Präsident der Weltbank später Vorstand des einschlägigen Council of Foreign Realations – verwiesen. Wie wenig von einer ›Re-Education 2.0‹ via OECD zu erwarten ist, zeigt die selbstkritische Bilanz von Diane Ravitch (Regierung Bush) ›The death and life of the great american school system. How testing and choice are undermining education‹.

Warten wir es ab, ob in den nächsten Jahren überhaupt noch eine Neuauflage des Bildungsmonitors erscheinen wird!