Veröffentlicht am 01.06.11

„Berufsausbildung: Schneller, härter, ungerechter“

„Das Wirtschaftsministerium will die Ausbildungsdauer vieler Lehrberufe kürzen – um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.“ (Quelle: Süddeutsche Zeitung 31.05.2011)

Kommentar MP:

Die Verkürzung der Ausbildungsgänge ist ein durchgehendes Merkmal der neoliberalen Bildungsreformen. Die Gründe, die dafür angegeben werden, sind allesamt vorgeschoben. Das gilt auch für den von den Arbeitgeberverbänden und ihren Interessenvertretern in der Politik, dem ehemaligen Wirtschaftsminister Brüderle und dem jetzigen Wirtschaftsminister Rösler, beide von der ‚Mövenpickpartei’, litaneiartig beschworenen Fachkräftemangel. Dieser Fachkräftemangel ist offenbar ein Mythos. Gäbe es ihn wirklich müssten nach dem Prinzip von Nachfrage und Angebot die Löhne der Fachkräfte steigen. Das ist aber nicht der Fall. Die Propagandarede vom Fachkräftemangel wird nun auch von einer Studie aufgezeigt, die Karl Brenke vom Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kürzlich für die naturwissenschaftlich-technischen und industriellen Berufe unter dem Titel: „Fachkräftemangel noch nicht in Sicht“ veröffentlicht hat. Brenke weist nach, dass „bei fast allen Fachkräften“ die Zahl der Arbeitslosen höher ist als die Zahl der offenen Stellen. Lediglich für Vulkaniseure, Elektroinstallateure und Ärzte ist es anders. (vgl. auch : Blätter für deutsche und internationale Politik Mai 2011 ). Die Behauptung vom Fachkräftemangel scheint also im wesentlichen eine Fiktion. Sie soll das wahre Motiv der Ausbildungszeitverkürzung verschleiern. Dieses Motiv ist gleich doppelter Natur. Die Verkürzung der Ausbildungszeit dient nämlich einmal der Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Sie vergrößert – wie die Ausweitung der Zuwanderung und die Rente mit 67 – das Arbeitskräfteangebot und erleichtert so das Lohndumping. Die Verkürzung der Ausbildungszeit dient aber zum andern auch der besseren Kontrolle der Heranwachsenden. Sie sollen auf keine ‚dummen’, d.h. herrschaftskritischen Gedanken kommen und reine Fachidioten bleiben. Deshalb werden sie in gekürzte Ausbildungsgänge gesteckt und zusätzlich durch vordefinierte Outputs und permanente Leistungsvergleiche so drangsaliert, daß die Chance zur Bildung einer politischen Urteilskraft gar nicht erst entsteht. Sie könnte ja gefährlich werden. Daß mit einer derart halbierten Bildung am Ende auch auf die Entfaltung vorhandener Begabungspotentiale verzichtet wird, nimmt man billigend in Kauf. Besser die Menschen bleiben in ihrem Wissen beschränkt, als die Herrschaft gerät in Gefahr.