Veröffentlicht am 10.02.21

Zur Begründung von Lernzielen in Konzepten der Kompetenzorientierung

Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Volker Ladenthin

(…)

Die Kompetenztheorien bestimmen als Ziel schulischer Prozesse die funktionale Qualifikation der nachfolgenden Generation für Zwecke, die die ältere Generation ihr setzt. Allerdings können nach dieser Logik Kompetenztheorien dann von sich aus und mit ihrem Instrumentarium nicht mehr thematisieren, welche Gruppen oder Interessen in der älteren Generation denn diese Zwecke setzen darf oder soll. Kompetenztheorien können auch nicht mehr thematisieren, ob die Zwecke der älteren Generation sittlich zu vertreten oder sinnvoll sind. Schließlich: Woran misst die Kompetenztheorie die Güte einer Gesellschaft, die die Normen der Lehrpläne rechtfertigt? Ist jede Gesellschaftsformation schon gut, nur weil es sie gibt? Welche Art von Wohlstand ist gemeint (Wachstum? Ökologie?), welche Kohäsion (nur der Europäer oder aller Weltbürger?) und welche Entwicklung (wer bestimmt die Richtung der Entwicklung?) Die Kompetenztheorien setzen voraus, dass diese Fragen geklärt und politisch unumstritten sind.

Trotz dieser gemeinsamen Axiomatik ist allerdings derzeit keine allgemein anerkannte Kompetenztheorie zu identifizieren. Vielmehr ist nur eine unübersichtliche Vielfalt von Konzepten auf dem Markt. Sie grenzen sich gegeneinander ab (vgl. Weinert 1999 u. 2001). Ja, sie widersprechen sich sogar, wenn man die entsprechenden Texte aus den Lehrplänen der Kultusministerien der Bundesländer hinzunimmt (Ladenthin 2015, Zaiser 2018). Es ist daher sinnvoll, einzelne Konzepte in ihrer immanenten Logik zu betrachten. Zur genaueren Analyse greife ich auf einen im Netz leicht auffindbaren Beitrag von Margit Stein und Martin Stummbaum zurück. Dieses Konzept bezieht sich ausdrücklich auf Eckhard Klieme (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2007/2009) und will erläutern, wie die Kompetenztheorie die ausgewiesenen Kompetenzen begründet. Das Konzept will jene Lehrziele benennen, deren Erreichen als gesellschaftlich wirkungsvoller Schulabschlussprozess gemessen werden sollen.

Die Grundthese der Autoren lautet: Dass das Ziel der Schule ist erreicht, wenn der Einzelne in ihr „die individuelle Möglichkeit (erworben habe), in einem Bereich erfolgreich agieren zu können.“ (1, Hervorheb. v. mir, VL; wie hier künftig alle Seitenangaben aus diesem Text direkt hinter dem Zitat) Diese Zielvorgabe ermögliche es, schulische Qualifikationsziele anders als bisher zu formulieren, „weil angesichts der zunehmend kurzen Halbwertszeit von Wissen, umfassende und holistische Kompetenzen im Individuum entwickelt werden müssen“. (6)  Das Neue der Kompetenztheorien (gegenüber der Lernzielorientierung und einem kognitiv verengten Kompetenzbegriff) sei, dass er „weiter“ (1) gefasst sei.

 

Die in dieser Aussage enthaltenen Dogmen der Kompetenztheorien unterzieht Ladenthin einer kritischen Analyse, die Sie hier vollständig als Vorabdruck lesen können:

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