Veröffentlicht am 04.10.12

Schluss mit der Kompetenzpädagogik

ein Gastbeitrag von Bruno Uszkurat, Oberstudiendirektor a.D.

Im Schulwesen der Bundesrepublik findet seit gut zehn Jahren eine Revolution statt. Ihr Banner heißt: Bildungsstandards – Kompetenzen – Tests. Ein inhaltlicher Kanon ist nicht nur nicht erforderlich, sondern eher hinderlich für eine Leistungssteigerung der deutschen Schüler. Die Revolution besteht im Verzicht auf systematisch ausgewählte Inhalte.

Seit es Schule gibt, mussten im Unterricht der Fächer Inhalte gelernt werden. Wissensvermittlung war ein zentraler Maßstab für die Qualität von Unterricht. Seit den Anfängen eines systematischen Unterrichts wurden aus dem Meer des Wissens Inhalte ausgewählt und zu einem Kanon zusammengestellt. Mit den Inhalten wurden zugleich Werte, fachliche Methodik und Kritikfähigkeit vermittelt. Es ging immer auch um das Verständnis von Zusammenhängen, um Analyse von Tatbeständen und um Zweifel an Dogmen.

Dieser inhaltliche Kanon – das Wort stammt aus dem Griechischen und heißt Richtschnur, Richtlinie – wurde nach den jeweiligen Erfahrungen immer wieder verändert, er wurde den aktuellen Einsichten angepasst. Die Debatte um einen modernen Kanon begleitete zu allen Zeiten das Ringen um eine gute Schule. In diesen Auseinandersetzungen ging es immer um die Auswahl von Unterrichtsfächern und um ihre Inhalte; niemals um den Verzicht auf einen Kanon. Wissen war das Ziel; die Grundposition hieß: Wissen ist Macht.

Die Revolution besteht in der Forderung: Ersetzt den Kanon durch Kompetenzen! Die Revolutionäre versprechen: Wenn Bildungsstandards in Kompetenzen überführt worden sind und regelmäßig überprüft werden, dann wird Schule in Deutschland nach dem Maßstab von Pisa wieder Spitzenleistungen erbringen. Die Revolutionäre behaupten, dass Kompetenzen wirkmächtiger seien als Wissen.

In diesem Aufsatz wird gezeigt, dass die Kompetenzpädagogik ein verhängnisvoller Irrtum ist, weil sie auf mehreren Fehleinschätzungen beruht. Gegen diese Konzeption gab es sofort von Erziehungswissenschaftlern und Lehrern Widersprüche, die in Aufsätzen, Vorträgen und Büchern formuliert wurden. Sie blieben bei den Promotoren der Bildungsstandards und Kompetenzen ungehört; statt Diskussionen gab es Diffamierungen. Diese Erfahrungen führten im Juni 2010 zu Gründung der „Gesellschaft für Bildung und Wissen e.V.“ Sie hat im Jahre 2010 eine erste Tagung durchgeführt; im März 2012 folgte eine Jahrestagung unter dem Titel „Irrwege der Unterrichtsreform“. Sie fand in Frankfurt/M. mit etwa 300 Teilnehmern statt.

Die folgende Darstellung ist keine Kurzfassung der Vorträge und Diskussionen. Es wird der Versuch gemacht, über Ursachen und Konzeption einer Unterrichtsrevolution zu berichten, sie zu analysieren und zu bewerten. Zum Schluss werden Aufgaben skizziert.

Der vollständige Beitrag als PDF:
Uszkurat_Schluss mit der Kompetenzpädagogik