Veröffentlicht am 18.01.16

Plädoyer für das Unterrichtsgespräch

“Müssen wir heute schon wieder das machen, was wir machen wollen?” Diese Frage einer intelligenten Schülerin war für Rainer Werner, Gymnasiallehrer für Deutsch und Geschichte in Berlin, Anlass, über den so verpönten Frontalunterricht und das Unterrichtsgespräch als Methode der Vermittlung nachzudenken. Unter dem Titel “Wann machen Sie wieder einmal Ihren begnadeten Frontalunterricht?” hat er dazu einen Beitrag in der FAZ (und in seinem Blog) publiziert, der deutlich macht, dass es die wichtigste Aufgabe der Lehrerinnen und Lehrer ist, zu unterrichten. Dazu zitiert er den Pädagogen Jochen Grell: “Du darfst direkt unterrichten, auch die ganze Klasse auf einmal. Du brauchst dich nicht dafür zu schämen, dass du Schüler belehren willst. Die Schule ist ja erfunden worden, damit man nicht jedes Kind einzeln unterrichten muss.”

Nicht nur Digital-Euphorikern, auch Bildungspolitiker_innen sei dieser Beitrag empfohlen, weil deutlich wird, welche bedeutende Rolle Lehrpersönlichkeiten im Unterricht haben. Unterricht ist, von der Wortbedeutung her und  als gelingende Schulpraxis, immer an Personen, an Lehrende und Lernende, gebunden. Unterrichten ist ein notwendig interpersonaler Prozess und Beziehungsarbeit. Es ist daher vollständig absurd, dass Frontalunterricht und Instruktion im Klassenverband als Methode verpönt werden (sollen), zugleich aber Lernformen am Computer präferiert werden, die ausschließlich Frontalunterricht am Bildschirm, Instruktion durch Software und Lernsteuerung per Algorithmus bedeuten.

Statt Schüler_innen an (digitalen) Lernstationen zu vereinzeln oder mit ständigem Methodenwechsel den jeweiligen Didaktikmoden zu folgen, sollten sich Lehrkräfte wieder auf ihre Profession besinnen: den Unterricht als Lehrpersönlichkeit zu strukturieren und z.B. als Unterrichtsgespräch zu leiten.

Link:  Rainer Werner: “Wann machen Sie wieder einmal Ihren begnadeten Frontalunterricht?