Veröffentlicht am 12.12.13

PISA ist verzichtbar

Warum Lehrer künftig weniger wissen werden als heute und dauerndes Reformieren nur schädlich ist. Interview von Maria Zimmermann mit Konrad Paul Liessmann, Salzburger Nachrichten, 5.12.2013, Seite 3

Der Philosoph Konrad Paul Liessmann ist seit vielen Jahren aufmerksamer Beobachter der Bildungspolitik. Im SN-Gespräch erklärt er, warum er Rankings für sinnlos hält und der Philosophieunterricht bald ohne Philosophen auskommen muss.

SN: Sie äußern sich seit Jahren kritisch zu Rankings im Bildungssystem. Was stört Sie denn an PISA?

Liessmann: All diese Tests und Studien messen nicht das, was sie zu messen vorgeben. PISA misst in erster Linie die Fähigkeit von 15-Jährigen, PISA-Tests zu lösen. Der Zusammenhang mit den Schulleistungen, der Qualität des Schulsystems, den Fähigkeiten der Jugendlichen, sich in die Gesellschaft und in den Arbeitsprozess einzugliedern, gar mit allgemeiner Bildung, ist nicht nachweisbar. Dafür betreibt man einen unheimlichen Aufwand, versetzt ganze Nationen in Erregung, steckt viel Geld hinein. Das führt zu einer Testindustrie, die Heerscharen von Bildungsforschern und Testauswertern beschäftigt – mit dem Ergebnis, dass das rauskommt, was wir ohnehin wissen: Österreich liegt beim Lösen der PISA-Aufgaben im Mittelfeld.

SN: Wir sollten also bei PISA gar nicht mehr mitmachen?

Liessmann: PISA ist verzichtbar – so wie 90 Prozent all dieser Tests. Das Verheerende daran ist ja, dass die Bildungsfrage darauf reduziert wird, was bei einem fragwürdigen Test herauskommt. Man hat kein Vertrauen mehr in jene Menschen, die im Bildungssystem arbeiten. Es hätte genügt, Lehrer aufzufordern, ehrlich zu sagen, wie es um die Lese- und Rechenkompetenzen ihrer Schüler bestellt ist. Dann hätten wir authentischere und umfassendere Ergebnisse. Und solche Tests ersticken jede Frage danach, welche Kenntnisse und Fähigkeiten junge Menschen in einem umfassenden Sinn haben sollen. Alles dreht sich um die Frage: Was tun, um beim nächsten Test besser zu sein?

Das ganze Interview (Salzburger Nachrichten): Pisa ist verzichtbar