Veröffentlicht am 10.06.14

Nullsummenspiel

Was hilft es, fragt Volker Ladenthin in der FAZ, wenn man die Schulzeit bis zum Abitur um ein Jahr verkürzt (G8 statt G9), wenn diese jungen Abiturient(inn)en durch den Mangel an authentischer Lebenserfahrung nicht die nötige, persönliche Reife für den Beginn eines Studiums haben? Das „gesparte“ Schuljahr verlängert die Studienzeit. Auszug:

„Das bisherige Leben scheint nur in Klassenzimmern und Kursen und der genehmigten Peergroup der Gleichaltrigen und Freunde stattgefunden zu haben. (…) Problembewusstsein oder auch nur Sinn für die Komplexität lebensweltlicher Entscheidungen fehlen nahezu völlig. (…) Besonders auffällig ist: Der Ich-Bezug zu Lerngegenständen ist entweder narzisstisch verzerrt oder aber er fehlt ganz. Entweder werden also Sachverhalte oder Situationen egozentrisch begrüßt oder ebenso egozentrisch abgelehnt, oder sie werden gar nicht in Bezug zum Ich gesetzt. Man lernt, weil es aufgegeben wurde. Beide Haltungen machen akademische Lehre sehr schwierig. (…)
Es fehlen Fähigkeit und Bereitschaft, Vorgänge streng aspektgebunden oder multiperspektivisch zu betrachten. Die Entwicklung zu diesen Fähigkeiten wird vermutlich im weiteren Verlauf des Studiums einsetzen und voraussichtlich zu verlängerten Studienzeiten führen – schon allein, um Abschlussarbeiten auf dem Niveau schreiben zu können, das den wissenschaftlichen Standards entspricht.“

Beitrag von Volker Ladenthin in der FAZ vom 04.06.2014
Bildungsdefizite durch verkürzte Schulzeit: G8 wird die Studienzeit verlängern