Veröffentlicht am 24.09.13

Neoliberalismus in der Schule

Diskussion Kompetenzgehirnwäsche: Machtausübung durch Individualisierung

Gastbeitrag von Andreas Hellgermann (Quelle: akanalyse und kritik – vom 18.1.2013)

Das neoliberale Dogma mit seiner u.a. auf Gery Becker (1976) zurückgehenden »Humankapitaltheorie« dominiert auch die Schule: Gut ist, was betriebswirtschaftlich vernünftig erscheint. Das neue Bildungsideal ist der »flexible Mensch«, der funktioniert, wo immer man ihn hinstellt. Um seine Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt zu garantieren, ist »lebenslanges Lernen« notwendig. Erlernt werden vor allem »Kompetenzen« – ein Schlüsselbegriff, der für das neoliberale Projekt zentral ist.

Der Philosoph Günther Anders erzählt die Geschichte vom König und seinem Sohn: »Da es dem König aber wenig gefiel, dass sein Sohn, die kontrollierten Straßen verlassend, sich querfeldein herumtrieb, um sich selbst ein Urteil über die Welt zu bilden, schenkte er ihm Wagen und Pferd. Nun brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen, waren seine Worte. Nun darfst du es nicht mehr, war deren Sinn. Nun kannst du es nicht mehr, deren Wirkung.« (1)

Funktioniert nicht auch Schule so? Der Lehrer ist der König, und die Schule hat die Aufgabe, den SchülerInnen Möglichkeiten bereitzustellen, ein Urteil über die Welt zu bilden. Allerdings wird entweder nicht berücksichtigt oder wohlwollend in Kauf genommen, dass das Urteil über die Welt und die Fähigkeit, es sich zu bilden, durch das Medium bestimmt und vorgegeben wird. Nun könnte Schule auch anders sein: Anstatt das Herumtreiben durch den vielfältigen Einsatz von Medien, Methoden, Richtlinien und Lehrplänen zu verhindern, könnte sie SchülerInnen einen Raum in die Welt hinein eröffnen, durch den und in dem tatsächlich ein eigenes Urteil über die Welt möglich wird. Wir wissen alle, dass das nicht so ist.

Um zu verstehen, welche Hindernisse bzw. politisch-ökonomische Interessen dem entgegen stehen, ist es notwendig, sich intensiver mit dem Begriff der »Kompetenz« und dem damit verbundenen Paradigmenwechsel in Lehrplänen und Schule auseinanderzusetzen. Nichts spricht gegen Kompetenz. Jedoch ist dieser Begriff zum Schlüsselbegriff für die Produktion einer spezifischen Subjektivität geworden, die für das neoliberale Projekt zentral ist. Für dieses sind Schule im Ganzen, die Reduktion des Bildungsbegriffs, das lebenslange Lernen und der Bolognaprozess wichtige Handlungsfelder.

Der ganze Beitrag als PDF: Hellgermann: Neoliberalismus in der Schule