Veröffentlicht am 21.05.15

Die Verschulung des Geistes

Juilian Nida-Rümelin in der ZEIT Nº 16/2015

Die Geisteswissenschaften befinden sich gegenwärtig auf einer abschüssigen Bahn, an deren Ende ihre weitgehende Marginalisierung stehen könnte. So wie das 19. Jahrhundert die Zeit der Geburt und der Reifung der geisteswissenschaftlichen Fächerkultur war, so könnte das 21. Jahrhundert zum Zeitalter ihres Niedergangs werden.

Das liegt zweifellos auch am Prozess der Verschulung und Ökonomisierung der akademischen Bildung, die vergangene Woche auch in dieser Zeitung wieder einmal propagiert wurde, wie immer mit Blick auf die USA. Dabei sind die amerikanischen vierjährigen Bachelorstudiengänge gerade nicht von ökonomischen Erwartungen geprägt, ja nicht einmal von einem unternehmerischen Leitbild. Vielmehr wurden die B.-A.-Angebote ursprünglich eingeführt, um das Qualitätsgefälle des US-amerikanischen Highschool-Diploms zum deutschen Abitur zu überbrücken. Sie sollten auf ein wissenschaftliches Studium vorbereiten, das erst mit dem Masterprogramm beginnt. Die Ironie besteht darin, dass Deutschland seither die Hochschulreife durch eine bloße Hochschulzugangsberechtigung ersetzt hat. Damit ist in der Tat eine analoge Zwischenphase bis zur Aufnahme eines wissenschaftlichen Studiums für einen wachsenden Anteil derjenigen erforderlich geworden, die formal als studierfähig gelten.

Der ganze Beitrag in der ZEIT: Die Verschulung des Geistes (DIE ZEIT Nº 16/2015) als Replik auf Volker Meyer-Guckel: Verschulung? Ja bitte! (

Siehe auch Julian Nieda-Rümelin

Essay: Respect. Ein Plädoyer für die gleiche Anerkennung unterschiedlicher Wissenschaftskulturen

In den Geistes- und Naturwissenschaften haben sich verschiedene Wissenschaftskulturen etabliert. Statt diese Ungleichheit anzuerkennen, gibt es starke Tendenzen zur Nivellierung und Normierung. Ein Aufruf, das Verschiedene als fruchtbar und zukunftsfähig zu betrachten. Quellen: Erschienen in: Forschung & Lehre 05/15 Link zum Essay: Respect. Ein Plädoyer für die gleiche Anerkennung unterschiedlicher Wissenschaftskulturen