Veröffentlicht am 26.02.19

College sucht Campus

Ein Reformvorschlag

Gastbeitrag von Harro Müller-Michaels, in: Forschung & Lehre 2/19, S. 158-160

Die Entscheidungen für einen neuen „Qualitätspakt Lehre“ stehen an. Wichtig wären dabei auch Überlegungen zur Neuorientierung der Studieneingangsphase. Wäre dafür vielleicht die Idee der Gründung von Colleges ein Beitrag für eine strukturierte Förderung der Lehre? Ein Vorschlag.

Unabweisbar wachsen die Probleme im tertiären Bildungssektor. Die Gymnasialzeit ist vielerorts auf acht Jahre gekürzt und damit auch die Vorbereitung auf die Hochschulreife, der Anteil der Abiturienten an einem Jahrgang erreicht inzwischen 60 Prozent, in den Bachelor-Studiengängen gibt es Abbrecherquoten bis zu 33 Prozent, die Fächervielfalt an den Hochschulen nimmt stetig zu (knapp 20.000 Studiengänge wurden bundesweit gezählt), die Komplexität der Forschung wächst mit jeder Studie, ohne dass die Ergebnisse sich immer hinreichend elementarisieren lassen, der Entscheidungsdruck für die Achtzehnjährigen wird größer, ohne dass die Orientierungsmöglichkeiten in ihrem Umfeld wachsen. Was tun mit dem gewonnenen Jahr?

Die Antwort auf diese Frage wird seit 200 Jahren unter dem Stichwort des Studium Generale verhandelt (F&L7/18, 586ff.): Generalisierung der Fragen vor Spezialisierung auf komplexe Antworten. Im Gymnasium ist keine Zeit mehr für die seit Humboldt in seinem Bericht an den König 1809 vorgeschlagene Verlagerung der Wissenschaftspropädeutik in die Höheren Schulen. Die von der Politik seit den ersten PISA-Befunden geforderte, von den pädagogischen Wissenschaften unter Anleitung der Experimentellen Psychologie exekutierte Kompetenzorientierung mit ihren vorformulierten Antworten auf Prüfungsfragen hat den selbstständigen Zugang zu den Sachen, kreative Lösungen, fächerübergreifendes Denken, freie Diskussion von Ergebnissen in den Oberstufen verbaut. Zwar gewinnt die Gesellschaft eine höhere Zahl von Abiturienten, aber die Universitäten verlieren die notwendige wissenschaftliche Bildung für den Start in das Studium. Solange Kompetenzraster Bildung ersetzen, würde sich auch nichts ändern, wenn die Gymnasialzeit wieder von acht auf neun Jahre erhöht wird.

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