Veröffentlicht am 11.03.18

Blindflug mit selbst ausgeschalteter Navigationsausrüstung

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung als freie Verfügungsmasse. Fachkompetenz war gestern, Inkompetenzkompensationskompetenz scheint die neue Schlüsselkompetenz in Deutschland nicht nur im Bildungswesen zu sein.

Deutschland ist ein Land mit vielen Spezialitäten und noch mehr Spezifitäten. Die typisch deutsche Gründlichkeit und auch Genauigkeit findet nicht nur in den Produkten „Made in Germany“ weltweit ihren Anklang und ihre Abnehmer, sondern hat vor allem auch dem Bildungs- und Wissenschaftssystem in der Vergangenheit weltweite Anerkennung verschafft.

Das deutsche Markenzeichen: Fachkompetenz

Will man in Deutschland einem Beruf nachgehen, benötigt man – wie fast in keinem anderen Land der Erde – eine mindestens dreijährige Lehre und das Bestehen einer meist staatlichen Prüfung, um in diesem Beruf erst einmal „klein“ anzufangen. Durch verschiedene Weiterbildungen, sei es im dualen System oder neuerdings in einem der mittlerweile über 18.000 verschiedenen Studiengängen, schafft man es vielleicht sogar zum „Meister“, „Bachelor“ oder gar „Master“. Für den „Höheren Dienst“ benötigt man zwei Staatsexamina. Will man noch höher hinaus, ist eine Promotion hilfreich. Der dahinter stehende Gedanke, dass man kompetent einen Beruf nur bei höchster Fachqualifikation leitend erfolgreich gestalten kann, ist aufgrund des Erfolges des „deutschen“ Systems durchaus einleuchtend und entspricht darüber hinaus auch ein wenig dem gesunden Menschenverstand.

Wir Deutschen sind aber noch viel genauer. Selbst für einfache Freizeittätigkeiten, wie beispielsweise das Angeln, braucht man einen entsprechenden Schein. Meist benötigt man dazu sogar eine Ausbildung, die in vielen Fällen durchaus anspruchsvoll und langwierig sein kann, man denke nur an den Jagdschein. Der Jagdschein erlaubt dann auch nur die Jagd, der Fischereischein das Angeln. Keinesfalls darf man mit dem Jagdschein Angeln oder mit dem Fischereischein auf die Jagd gehen. Würde ein Angler mit Fischereischein beim Jagen erwischt oder umgekehrt, sind gleich beide Scheine weg.

Fachkompetenz in der Politik?

Umso überraschender stellt man in den letzten Jahren bei der Vergabe von politischen Ämtern fest – und besonders bei der neuen Regierungsbildung –, dass bei der Besetzung der in unserem Gemeinwesen selbst an oberster Stelle zu vergebenden Spitzenämter von diesem eigentlich erfolgreichen Schema zunehmend abgewichen wird. Dabei geht jeder Wähler eigentlich wie selbstverständlich davon aus, dass die von ihm gewählte Partei und auch die Personen diejenigen mit einem hohen Verantwortungsbewusstsein sind. Bei einer Regierungsbildung erwartet man selbstverständlich, dass sich aus diesem Kreis dann auch diejenigen für die Ministerämter qualifizieren, die für das jeweilige Ministeramt die bestmögliche berufliche und für das ein oder andere Ministerium sicherlich auch wissenschaftliche Qualifikation und vor allem langjährige Erfahrung mitbringen. In besonderem Maße trifft dies für das Wissenschafts- und Bildungsministerium zu, da hier schon allein aufgrund des im Koalitionsvertrag weitgehend zurückgefahrenen Kooperationsverbots zukünftig mehr denn je die Weichen für den zukünftigen Erfolg der universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen gestellt werden. Denn schließlich hängt unser aller Wohlstand davon ab, dass Deutschland gegenüber anderen Volkswirtschaften hier die Nase vorn hat. Auch sei daran erinnert, dass der Einfluss von Wissenschaft und Forschung auf die Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten enorm zugenommen hat.

 

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