Veröffentlicht am 02.04.14

Reform in Permanenz

Kaum war die neue grün-rote Regierung 2011 im Amt, da sprach es sich schnell herum, dass man sich eilig an die Ausarbeitung neuer Bildungspläne für die baden-württembergischen Schulen machen werde, um diese vor der nächsten Landtagswahl (und einem damit verbundenen möglichen Regierungswechsel), also spätestens 2015, in Kraft setzen zu können. Die Begeisterung hierfür hielt sich allerorten sehr in Grenzen und es war gar nicht so einfach, ausreichend erfahrene und qualifizierte Kollegen aus dem Kreis der Fachberater, Studienseminare und Pädagogischen Hochschulen zu finden. Das Landesinstitut für Schulentwicklung, welches seit Jahren sein Hauptaufgabenfeld auf den Bereich der Evaluation von Schulen und Lehrerbildungseinrichtungen verlagert hat, wobei der Fach-Unterricht als solcher nur noch eine untergeordnete Rolle spielt, besitzt nämlich nicht die personellen Ressourcen, um diese im Kern unterrichts- und fachspezifische Aufgabenstellung angemessen zu bewältigen. In der Lehrer- und Hochschullehrerschaft des Landes lässt sich auch ein gewisser Erschöpfungszustand gegenüber der von oben betriebenen Reform in Permanenz feststellen, welche jede kontinuierliche und langfristige Arbeit an den Schulen und Ausbildungsstätten seit Jahren untergräbt, enorme personelle Ressourcen dem „Kerngeschäft“ Unterricht und Lehre entzieht und während der letzten 20 Jahre ernüchternde, ja fatale Resultate zeitigt

1984 – 1994

Der „Bildungsplan 1984“ war noch ein großer Wurf, mit welchem die Schulen und Lehrer/innen sehr gut arbeiten konnten, weil er in seiner „T-Struktur“ in der linken Spalte nicht nur eine durchdachte inhaltliche Abfolge des Jahresunterrichts enthielt, die in der rechten Spalte durch hilfreiche Hinweise (Anregungen, fächerverbindende Querverweise) ergänzt wurde, sondern weil oberhalb des T-Querbalkens eine kohärente Zielbeschreibung verdeutlichte, wie der gedankliche „rote Faden“ der jeweiligen Unterrichtseinheit aussieht, wodurch sinnloser Stoffhuberei und Faktenbüffelei ein Riegel vorgeschoben wurde. Strukturiertes, sich vernetzendes Wissen und Verstehen aufzubauen und das Urteilsvermögen der Schüler und Schülerinnen zu entwickeln war der Sinn der in diesem Bildungsplan enthaltenen Fachcurricula. Der „Bildungsplan 1994“ unterschied sich von seinem Vorgänger einerseits durch inhaltliche Aktualisierungen und Akzentverschiebungen (z.B. Lektüren), vor allem aber präzisierte er noch stärker die didaktische Struktur des Unterrichts auf der Lernziel-Ebene: Entwicklung eines kohärent-strukturierten verstehenden Wissens. Dieser Bildungsplan war für die Lehrerschaft des Landes der bisher hilfreichste, gab er ihr doch mit seiner T-Struktur und deren konsequenten Ausarbeitung ein Instrument an die Hand, welches ihrem Unterricht Rückgrat und Perspektive verlieh, ohne ihre bisherige Unterrichtsplanung völlig wertlos zu machen.

Der ganze Beitrag als PDF: B. Keil: Reform in Permanenzm