Veröffentlicht am 03.02.12

„Die Lobby der Hochschulräte kämpft um ihre Macht“

„Das bertelsmannsche Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) – ein maßgeblicher Propagandist der „unternehmerischen Hochschule“ und hauptverantwortlich für die Zerstörung der sich selbstverwaltenden Hochschule – spürt, dass die Hochschulräte in die Kritik geraten sind. In Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen gibt es auf politischer Ebene Überlegungen, die Hochschul-„Freiheits“-Gesetze zu novellieren und die Aufsichtsräte über die „Hochschul-Unternehmen“, wenn nicht abzuschaffen, so doch zumindest ihre Rolle als „Fachaufsicht“ in Frage zu stellen. Auch juristisch gibt es inzwischen Gutachten, die zum Ergebnis gelangen, dass zumindest das NRW-Modell der Hochschulräte weder den Anforderungen der grundgesetzlich garantierten Wissenschaftsfreiheit noch der in der Landesverfassung verankerten Selbstverwaltungsgarantie für die Hochschulen genügt. Was liegt also näher, als dass das CHE eine Gegenoffensive startet und einige Vorsitzende von Hochschulräten ein „Positionspapier“  schreiben lässt, mit dem die parlamentarische Debatte bestimmt werden soll. Bertelsmann lässt also – bildlich gesprochen – die Frösche fragen, ob der Sumpf trocken gelegt werden soll. (Quelle: Wolfgang Lieb, nachdenkseiten 2. Februar 2012

Kommentar MP

Kompetent und überzeugend nimmt der ehemalige Staatsekretär im Bildungsministerium von NRW und intime Kenner der Hochschullandschaft Wolfgang Lieb mit wenigen Anmerkungen die schönrednerische Platitüdensammlung einiger Protagonisten der „unternehmerischen Hochschule“ auseinander und nennt ohne Umschweife die Namen der Apologeten, die sich auch nach dem offensichtlichen Scheitern des Bolognaprozesses gegen jede Korrektur sperren und im wohlverstandenen und zugleich verleugneten Eigeninteresse an der „funktionellen Privatisierung“ und Entdemokratisierung der Hochschulen festhalten wollen. Sehr lesenswert. Ob allerdings eine Korrektur etwa in der rechtlichen Stellung der Hochschulräte ausreichen wird, die Freiheit der Forschung wieder herzustellen, scheint mir sehr fraglich. Alles spricht vielmehr dafür, die Einrichtung der Hochschulräte ersatzlos abzuschaffen.