Veröffentlicht am 15.08.24

Kunstlehre und Lehrkunst.

Perspektiven einer praktischen Wissensform für pädagogisches Forschen und Handeln

Von Jochen Krautz

Zusammenfassung
Im Gefolge der PISA-Studie wurde pädagogische Forschung und Lehre einer epistemischen Entdiversifizierung unterzogen: Geltung könne nur noch sog. „evidenzbasiertes“ Wissen beanspruchen. Pädagogische Praxis an den Schulen habe sich nach den Ergebnissen empirischer Forschung zu richten. Entsprechend wurde nicht nur die Lehrkräftebildung, sondern die politische Lenkung des ganzen Bildungswesens auf ein Modell technokratischer Steuerung und Messung umgestellt, ohne dass die Ergebnisse besser geworden wären.

Der Beitrag reaktualisiert als Alternative das im Ursprung antike Konzept der téchne/ars, um pädagogisches und didaktisches Handeln als kunstanaloge, praktische Wissensform auszuweisen. Ein solches Verständnis von Lehrkunst erweist sich damit als systematische Alternative zu Formatierungs- und Normierungstendenzen gerade in der Lehrkräftebildung und macht deutlich, dass die Repluralisierung hier der pädagogischen Wissenschaft nicht nur ein akademisches, sondern ein eminent politisches Problem ist.

PDF-Download: Jochen Kautz – Kunstlehre und Lehrkunst

Erschienen in:
Andreas Beinsteiner, Ann-Kathrin Dittrich, Theo Hug (Hg.)
Wissensdiversität und formatierte Bildungsräume. Medien – Wissen – Bildung
2024, innsbruck university press • iup

Fragen der Wissensdiversität zählen zu den Desiderata in der Diversitätsforschung. Bis dato wurden auch keine Kommissionen oder Forschungsprogramme eingerichtet, die sich mit dem Aussterben von Wissensarten und mit Strategien zu ihrem Erhalt befassen. Einerseits wird die Relevanz unterschiedlicher Wissensformen für Bildungsprozesse und gesellschaftliche Problembearbeitung durchaus von vielen Seiten zugestanden. Andererseits kommen in Bildungskontexten der Digitalität zunehmend Formatierungen und Normierungen zum Tragen, die mit der Heterogenität von Wissensformen in Konflikt geraten und partikulare Bildungs- und Wissenskonzeptionen festschreiben. Der Band schließt eine Lücke in der Diversitätsforschung, indem er unterschiedliche Aspekte des Spannungsfeldes von Wissensdiversität und formatierten Bildungsräumen beleuchtet und vertieft. Die Beiträge sind interdisziplinär ausgerichtet und beinhalten theoretische und normative Erwägungen, sozialwissenschaftliche Analysen und pädagogisch-praktisch relevante Überlegungen.

ISBN 978-3-99106-129-8 / DOI: 10.15203/99106-129-8
https://www.uibk.ac.at/iup/buecher/9783991061298.html