Veröffentlicht am 02.05.12

Kein Hauch von 68

Gastbeitrag von Pierangelo Maset und Daniela Steinert

Ein zweistimmiger Versuch zur unlustigen / irrsinnigen / wahnwitzigen Lage an den deutschen Hochschulen

Wir sprechen in diesem Text im Duett, und wir sprechen von der Lage an den Hochschulen im Jahr 2011. Um es gleich loszuwerden: Das Beste, was diesem Text widerfahren könnte, wäre seine Widerlegung durch unerwartete Ereignisse.

»Wir« sind eine Studentin und ein Dozent, die beide in den zurückliegenden Jahren hochschulpolitisch aktiv gewesen sind. Heute an einer Hochschule zu arbeiten heißt häufig, sich ununterbrochen mit Selbstmanagement zu befassen, gezwungen zu sein, zum Reputationssammler zu verkommen, und es heißt vor allem, Wissenschaft als vielseitiges Machtinstrument zu begreifen und zu reproduzieren. An einer Hochschule tätig zu sein kann mit anderen Worten bedeuten: Sich bei vorzeitigem Hirntod »auf hohem Niveau« selbst zu beobachten und diese Beobachtungen anderen so lange vorzutragen, bis sie etwa damit anfangen können. Heute an einer Hochschule zu studieren heißt, im universitären Assessment-Center unentwegt Gesten nachzuahmen, um das Ich-Kapital als einzigartig und optimierungsfähig auszuweisen. In einer Masse von Studien- und Prüfungsleistungen untergehend, wird eigenständiges Denken mehr und mehr verdrängt vom Tunnelblick durch Zukunftsangst, und das Studium wird zum Auslese-Instrument für selbstzufriedene Eliten – angeleitet von einem hilflosen Wissenschaftspersonal.

Der gesamte Beitrag als PDF: Maset, Steinert Kein Hauch von 68