Veröffentlicht am 15.06.15

Change, Reform und Wandel

Jens Wernicke: Herr Burchardt, neuerdings konstatieren Sie eine Art „gefährlichen Gesinnungswandel“ im Lande, bei dem es vor allem um die Veränderung von Begriffen wie etwa „Reform“ oder „Wandel“ geht. Wieso denn das? Eine Reform des Bankensystems täte doch dringend not – und ein sinnvoller Wandel wäre das auch?

Matthias Burchardt: Hier lohnt sich ein genauer Blick auf die suggestive Sprache der neoliberalen Reformer und ihren Neusprech, der inzwischen viele Begriffe ihres vormaligen Inhaltes beraubt hat.

Naiverweise unterstellen wir nach wie vor, dass eine Reform dazu da sei, einen Missstand zu beseitigen oder einen Bereich des öffentlichen Lebens besser zu machen. Dabei spielen die Reformer bewusst auf den Fortschrittsgedanken der Aufklärung sowie das Zutrauen an, dass wir uns aus Fremdbestimmungen und Inhumanität befreien können, indem wir uns zu Subjekten unserer eigenen Geschichte aufschwingen. Doch im Unterschied zum emanzipatorischen Ansatz der Aufklärer werden die Menschen durch die „Reformen“, welche auf den „Wandel“ reagieren, nicht wirklich freier. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall: Sie sollen keine gestaltenden Subjekte des Politischen, sondern nur noch getriebene Objekte von konstruierten Sachzwängen

„Reformen“ werden dabei immer durch dasselbe Narrativ, man könnte auch sagen „Lügenmärchen“, angestoßen: Durch den „Wandel“ von Rahmenbedingungen, etwa aufgrund der Globalisierung, könne man nicht weiter machen wie bisher, sodass dringend eine Anpassung erfolgen müsse. Dies gelte ebenso für das Gesundheitswesen und die Sozialsysteme wie für die Bundeswehr oder für Schulen und Universitäten.

Das ganze Interview bei telepolis/heise: Change, Reform und Wandel (telepolis; heise)