Veröffentlicht am 22.07.14

„Ich glaube, ich bin in einem Paralleluniversum gelandet“

Wie schlechte Schüler im Abitur ihr Niveau kompetent verschleiern können – ein Blick hinter die Kulissen der Präsentationsprüfung (FAZ vom 17. Juli 2014, Bildungswelten S. 6)

Betrachtet man die Entwicklung der Abiturientenzahlen, der Abiturdurchschnittsnoten und der Abiturbestnoten in den letzten Jahren, scheint es in den meisten Bundesländern nur noch eine Richtung zu geben: aufwärts. Auf kritische Nachfragen der Öffentlichkeit versichern die zuständigen Behörden, dass diese Zunahme der Quantität bei gleichzeitiger Erhöhung der Qualität auf immer klügere und fleißigere Schüler zurückzuführen sei. Aufsehen erregt vor allem die Vermehrung der Universalgenies mit der Traumnote 1,0 allein in diesem Jahr, die zunehmend angezweifelt wird. Natürlich handelt es sich um gute, in einigen Fächern auch sehr gute und fleißige Schüler, aber die gab es immer schon, allerdings nicht mit der Traumnote 1,0. Auf die Gründe für diese Entwicklung – eine mehr als zweifelhafte „Qualitätssicherung“ durch Notendumping – wurde an dieser Stelle in der Vergangenheit bereits mehrfach hingewiesen.

Aufschlussreich ist die in den letzten Jahren in mehreren Bundesländern eingeführte Präsentationsprüfung, die in Hamburg verpflichtend von jedem Schüler als viertes Abiturfach zu absolvieren ist, während sie in Hessen als zusätzliches Abiturfach gewählt werden kann. Mit der Einführung der Profiloberstufe muss in Hamburg sogar jeder Schüler ein Referat im Schuljahr an Stelle einer Klausur halten. Auch darf der Schüler darüber hinaus in zweistündigen Fächern die eine vorgeschriebene Klausur im Halbjahr durch eine solche Präsentation ersetzen. Besondere Bedeutung wird dabei den überfachlichen Kompetenzen einer Präsentationsleistung zugewiesen. Eigenständigkeit, soziale und lernmethodische Kompetenzen sollen die Schüler dazu befähigen, den Bildungsgang auch an einer Hochschule erfolgreich fortzusetzen. Die Präsentationsprüfung wird weiterhin als eine der Kernkompetenzen des selbstorganisierten Lernens ausgewiesen, die dem Schüler eine eigenständige Durchdringung der Inhalte abverlangen soll. Ein Blick hinter die Kulissen solcher Prüfungen lohnt sich.

Der ganze Beitrag als PDF: H.P. Klein: Ich glaube, ich bin im Paralleluniversum

Und: Die Schulnoten werden ständig besser, dies zeigen die Statistiken seit Jahren. Wären diese Noten qualitativ relevant, müsste Deutschland ein Land der Universalgenies sein oder in Kürze werden. So jedenfalls die Glosse von Harald Martenstein: „Universalgenies“ im ZEIT Magazin.

Auch die FAZ nimmt die Abiturnoten in den Fokus. Unter dem Titel „Abiturnoten – Vergleichbarkeit? Von wegen!“ schreibt Jan Grossarth am 13. August 2014: „Das bundesweite Zentralabitur kommt. Aber jedes Land berechnet die Abitur-Note anders. In Sachsen-Anhalt dürfen die Schüler sogar selbst entscheiden, wie ihre Abschluss-Zensur berechnet wird.“